Will ein Schiff durch einen Dampfer schleppen lassen, so macht es kleine Segel, d.h. es macht die leichten Segel fest und geit die Untersegel auf. Mit den drei Marssegeln, Klüver und Besahn dreht es schliesslich bei und brasst den Grosstopp back. Der Schleppdampfer legt sich unterdessen voraus und wartet auf die ihm zuzubringenden Trossen.
An Bord des eigenen Schiffes werden am besten zwei Trossen von genügender Stärke in die Batterie gebracht, eine auf der jeder Seite und klar aufgeschossen. Ein Boot wird zu Wasse gefiert und vor den Bug gelegt. Dort empfängt es zwei dünne Leinen, die an die Schlepptrossen gesteckt sind. Diese sollen durch je eine Klüse fahren, die Leinen sind deshalb auch aus diesen Klüsen zu geben. Das Boot rudert die Leinen nach dem Schleppdampfer, giebt sie an Bord und kehrt nach dem eigenen Schiffe zurück. Es wird dann wieder gehisst. Die Tampen der Bugsirtrossen werden eingeholt und an Bord des Schleppdampfers belegt. Dann holt man sie an Bord ein und belegt sie an der Beeting, hinter welcher der rest so aufgeschossen sein muss, dass man jeden Augenblick im Stande ist, Trosse zu stecken.
Man umgiebt die Trossen da, wo sie mit der Klüse in Berührung kommen, mit Kleidung, im Schamfielungen zu vermeiden.
Ein gewöhnlicher Schleppdampfer fährt die Trossen über seinem Heck nach einem starken Haken mittschiffs, über ihn werden die mit Augen versehenen Trossen gestreift. Je mehr dieser eiserne Haken mittschiffs liegt, desto leichter lässt sich der Schleppdampfer steuren, denn das Hintertheil des Schiffes wird durch weiter Nichts als die auf ihm liegenden Trossen behindert. Anders ist es aber, wenn die Trossen am Heck oder in dessen Nähe festgemacht werden müssen, wie es auf allen anderen Schiffen der Fall ist.
Das Steuren muss dann durch Stecken einer Trosse oder durch Ausscheeren des geschleppten Schiffes unterstützt werden. Für geringe Coursänderung genügt allerdings das Ruder.
Soll ein Schiff längsseit schleppen, so wird es mit einer Vor- und Achtertrosse festgemacht. Diese fahren über Kreutz, so dass also die vordere Trosse des Schleppdampfers hinten am geschleppten Schiff und umgekehrt die Achtertrosse festgemacht wird. Gute Reibhölzer oder Fender müssen zwischen beiden Schiffen hängen. Auch kann man sie noch durch Dwarstaue verbinden. Diese Art zu schleppen hat den Vortheil, dass das eigene Schiff steuren kann.
Nimmt man an, dass ein havarirtes Schiff oder ein schlechter Segler von einem besser segelnden Schiffe auf Schlepptau genommen werden soll, so kann man das Schlepptau auf folgende Arten an Bord des zweiten Schiffes bringen.
1. Beide Schiffe brassen back. Der bessere Segler zu luvward etwas voraus. Beide liegen nach Vorschrift, das zu luvward mit dem Grossmarssegel, das in Lee mit dem Vormarssegel back. Mit einem Boot wird zuerst eine dünne Leine an Bord gebracht, welche an das Schlepptau festgesteckt wird. Die Leine wird durch die Klüse genommen und mit ihr das Schlepptau eingeholt. Das Schiff zu luvward oder der bessere Segler giebt also das Schlepptau. Dieses ist auch besser, denn erstens kann man das Tau leichter an Bord bringen, da es achteraus oder so zu sagen mit dem Strom geholt wird, denn das erste Schiff geht, wenn auch wenig, doch voraus und zweitens kann dieses Schiff später, wenn die Trosse losgeworfen wird, diese leichter einholen.
An Bord des Schleppers giebt man die Trosse durch eine der Achterpforten. Zeight diese zu sehr seitwärts, so giebt man von der andern Seite die Tamp einer zweiten gleich starken Trosse nach achtern und steckt diese an der ersten Trosse an, fiert diese so weit aus, bis beide gleich viel tragen. Man hat sich also eine Art Hahnenpot konstruirt.
Will man zwei Trossen ausgeben, so führt die zweite ebenso wie die erste, zur von der andern und nach der andern Seite. Ist das Schleppschiff ein Schraubendampfer, so muss man die Buchten dieser Trossen am Heck auffangen, damit, wenn sie durch Zufall lose kommen, sie nicht in die Schraube fallen.
2. Man kann auch durch gute Manöver so nahe an einander laufen, dass das eine Schiff eine Leine an Bord des andern werfen kann, welche dann entweder direkt an das Schlepptau gesteckt wird oder, was besser ist, an die Scheerleine kommt, denn je dünner eine Wurfleine ist, desto weiter lässt sie sich werfen. Nachdem diese Wurfleine geworfen ist, müssen beide Schiffe möglichst dicht bei einander bleiben.
3. Das bestsegelnde Schiff legt sich grade voraus und lässt eine Boje sacken, die von dem zu schleppenden Schiff gefischt wird. Mit Hülfe der an der Boje gesteckten Leine wird das Schlepptau an Bord genommen.
Es wird von dem Wetter und sonstigen Umständen abhängen, welche von den drei Arten man anwenden will. Jedenfalls muss das andere Schiff von der Art in Kenntniss gesetzt werden.
Die Segelführung oder was dasselbe sagen will, die Dampfkraft welche man zum Schleppen gebraucht, muss nach Umständen regulirt werden, denn man muss nicht allein in Betracht ziehen, wie viel die Trossen aushalten können, sondern auch wie viel das geschleppte Schiff auszuhalten vermag.
Es wurde anfangs gesagt, dass man durch Ausscheeren des zweiten Schiffes das Steuern des ersten unterstützen könne. Noch mehr; man kann mit Hülfe des geschleppten Schiffes eine Wendung ausführen, die mit einem Schiffe allein aller Wahrscheinlichkeit nach nicht gelänge.
Ein solches Manöver wird auf folgende Art ausgeführt:
Beide Schiffe machen "klar sum Wenden". Sobald das erste das Ruder in Lee gelegt hat, hält das zweite 2-3 Strich ab, es läuft dem andern auf und reisst dessen Achtertheil nach Lee, jemehr es aufläuft, dest mehr wird der Schlepper in den Wind gebracht. Dieser brasst schliesslich seine Achterraaen herum, ein Zeichen für das zweite Schiff, dass es seine Pflicht gethan hat. Dieses holt nun seine Vorsegel nieder und legt sein Ruder in Lee, während dessen fällt das erste Schiff ab und brasst seine Vorraen herum, wenn die Achtersegel voll stehen. Es bekommt wieder Fahrt voraus und thut dann dem zweiten Schiff denselben Dienst, indem es dieses durch den Wind bringt.
Halsen mit zwei Schiffen, die sich schleppen, geschieht ähnlich, indem das geschleppte Schiff anfangs etwas anluvt.
Transcribed by Lars Bruzelius
Sjöhistoriska Samfundet | The Maritime History Virtual Archives | Seamanship.
Copyright © 1997 Lars Bruzelius.