Blatt XII.

Ablauf der Schiffe vom Stapel nach der dänischen und englischen Methode.

Fig. 1. Die dänische Methode des Herablassens der Schiffe vom Stapel.

Die vor einigen Jahren bei der dänischen Marine eingeführte Art, Schiffe vom Stapel herabzulassen, besteht hauptsächlich in Folgendem. Zwei, aus mehren Balken zusammengefetzte Holzmassen a a Fig. 1, welche man in Dänemark Puden nennt, werden zu beiden Seiten des Kieles, ungefähr um ¼ der Schiffsbreite von demselben entfernt, gegen den Boden des Schiffes gefugt und durch Kniee c c, die an diesem Boden so wie an der äußern Seite der Puden mittelst Bolzen befestigt sind, gegen das Aus- und Einwärtsbiegen gesichert. Unter jedem Puden ist ein aus einer eichenen Planke bestehender Läufer b befestigt, welcher in einer rinnenartig gearbeiteten Schmierplanke x paßt. Auf den Klötzen u u liegen Keile d d, die durch eine horizontale Ramme eingetrieben werden und den Schmierplanken x, x, welche das Schiff beim Ablaufen in seiner Bahn erhalten sollen, zur Unterlage dienen. Diese Schmierplanken fangen an den Oberenden der Puden a a an und reichen etwa noch 10 bis 12 Fuß weit ins Wasser hinein; dagegen nehmen die Puden selbst nur 2/3 der Länge des Schiffes ein, indem sie vom hintern Ende desselben etwa um den 5ten, vom vordern Ende aber um den 8ten Theil jener Länge zurückstehen. Für den Kiel ist vom untersten Stapelklotz ab auch eine mit starken Leisten versehene Bahn gemacht, welche ähnlich, wie die Seitenschmierplanken, das Schiff gegen das Ausweichen sichert. Sowohl die Schmierplanken x, x als auch die Läufer b, b und der Kiel sind hier ebenfalls mit Seife und Fett geglättet.

Die Klötze u u, worauf die Puden, sind so gestellt, daß sie auf die Zwischenräume der Stapelklötze v v treffen, damit die horizontale Ramme überall vortheilhaft angewendet werden kann. Einige Stunden vor dem Ablaufen des Schiffes werden die Keile d d mittelst horizontaler Rammen e e unter beiden Schmierplanken zugleich eingetrieben, indem man an den beiden untersten Keilen, welche dem Wasser zunächt liegen, anfängt und das Eintreiben gleichmäßig nach oben zu fortsetzt. Dadurch werden die Keile unter dem Kiele lose, worauf sie nach einander herausgenommen, mit Seife geschmiert und mittelst der Ramme wieder eingetrieben werden müssen. Alsdann geht man mit der Ramme noch einmal längs und treibt die Keile d d unter den Puden, so wie diejenigen, welche oberhalb der Puden unter dem hinteren Ende des Kieles liegen und hier das Hinterschiff tragen, ebenso wie vorhin, doch noch fester ein, wonach sich das Schiff gewöhnlich etwas von den Stapelklötzen erhebt. Wird dann das Signal zum Ablauf gegeben, so entfernt man zuerst die zur Haltung des Schiffes während der Bauzeit erfoderlich gewesenen Seitenstützen und schlägt demnächt diejenigen Streben weg, welche das Schiff gegen das Hinunterlaufen sichern. Von letzteren stehen zwei zu beiden Seiten gegen den Steven, die zuerst, und zwei gegen die Puden, die zuletzt fortgeschlagen werden, worauf das Schiff, sich selbst überlassen, durch seine eigene Schwerkraft hinabgetrieben wird.

Die Anzahl der, zur Haltung der Puden dienenden Kniee c c bestimmt man nach der Größe des Schiffes. Bei den größten Linienschiffen sind deren acht Stück an der äußern Seite einer jeden Pude nöthig, und eine gleiche Anzahl Kniee müssen auch an der innern Seite derselben angebracht werden, die man dann mit den äußern durch Bolzen verbindet. Für Fregatten und Korvetten ist es hinreichend, wenn nur an der äußern Seite, wie es die Zeichnung darstellt, solche Kniee angebracht werden, und in diesem Falle sind sechs derselben erforderlich; kleine Schiffe, wie z. B. scharf geformte Schoner von 50 bis 80 Lasten, reichen mit drei dergleichen aus. Völlige oder stumpf gebaute Schiffe bedürfen dagegen solcher Kniee gar nicht, sondern man paßt die Puden möglichst genau an den Boden des Schiffes und befestigt auf ihren oberen Flächen eiserne Platten von ungefähr 3 Zoll im Quadrat, die mit kleinen Stiften (Anfätzen) von ungefähr 1/8 Zoll Höhe versehen sind, und die so weit in die Puden versenkt werden, daß bloß diese Stifte vorstehen. Letztere drücken sich nun fest in die Bodenplanken des Schiffes ein und erhalten dadurch die Puden, während die darunter liegenden Keile eingetrieben werden, fortwährend in ihrer richtigen Stellung.

Die Streben i i sind dazu bestimmt, die unter den Läufern gelegenen Schmierplanken x, x, und somit auch die Klötze u u zu halten, damit dieselben beim Hineintreiben der Keile d d nicht verschoben werden können. — Die zu diesem Eintreiben dienende, bereits vorhin erwähnte horizontale Ramme e e besteht aus einem 9 zölligen eichenen Balken, der in einer, mit Seife und Fett geglätteten Rinne oder Bahn f f hin und her gleiten kann. Gewöhnlich sind 10 bis 12 Menschen erforderlich, dieselbe mittelst der Seiten- oder Handtaue g, g, g in Bewegung zu setzen.

Zum Absteifen des Schiffskörpers, damit dasselbe während des Ablaufens vom Stapel und beim Eintritt in's Wasser keine Beschädigung erleide, werden im innern Raume des Schiffes Stützen und Streben k, k, k unter den Deckbalken fest eingetrieben. Auch bringt man zu gleichem Zwecke eine Absteifung des Vorder- und Hinterstevens gegen das Kielschwein an.

Fig. 2. Die englische Methode des Herablaffens der Schiffe vom Stapel.

Bei dieser Methode ruht das Schiff auf den beiden Schmierplanken (Sliding Planks) o o, die an ihren äußern Seiten mit Leisten p versehen sind und von den Querhölzern w w getragen werden, während der Kiel ganz frei und ohne Unterstützung bleibt.

An den Laufbalken (Bilgeways) m, m sind unten die Läufer (Soles) n, n befestigt, die nebst jenen Balken vom hintern Ende des Schiffes um den sechsten, vom vordern Ende aber um den zwöften Theil der Schiffslänge zurückstehen, also nur ¾ dieser Länge einnehmen. q, q und q', q' sind übereinander liegende Füllungshölzer, wozwischen Keile l, l eingetrieben werden, um dadurch eine Berührung der obern Füllhölzer mit allen Punkten des Schiffsbodens hervorzubringen; und da letzterer besonders bei scharf gebauten Schiffen nach dem Vorder- und Hintersteven zu höher wird, so müssen hier statt zwei, mehrere solcher Füllhölzer übereinander gelegt werden, oder man setzt zwichen den beiden Hölzern q und q' auf jeder Seite vertikale Stützen ein und verbindet diese durch starke Leisten mit einander. Wendet man diese Art des Ablaufs bei scharf gebauten Schiffen an, so müssen am Boden derselben zu beiden Seiten Klampen, y, y befestigt werden, um dadurch zu verhindern, daß die obern Füllhölzer q' und q' nicht seitwärts herausgedrängt werden können, welches vermöge der keilartigen Wirkung, die von solchen scharfen Schiffen ausgeübt wird, jedesmal der Fall sein würde, Da man nun in England die Schiffe, nachdem sie vom Stapel abgelassen sind, gewöhnlich in eine Docke bringt, um sie zur Abbhaltung des Seewurmes mit einer Kupferhaut zu bekleiden, so können jene Klampen bei dieser Gelegenheit bequem abgenommen werden. Der Abhang des Stapels, oder der Fall der geneigten Ebene, auf welcher das Schiff in's Wasser hinablaufen soll, beträgt gewöhnlich ¾ bis 1 Zoll auf jeden Fuß der Länge.

Sobald die Schiffe vom Stapel ins Wasser laufen, muß man stets darauf bedacht sein, dieselben so aufzuhalten oder abzustopfen, daß sie nicht Schaden am gegenseitigen Ufer leiden. Hat man Raum genug, das Schiff weit laufen zu lassen, so pflegt man gewöhnlich einen Anker auszuwerfen, um mit diesem das Abstopfen des Schiffes zu bewirken. Oefter aber ist der Raum so beengt, daß man genöthigt ist, das Schiff, sobald es ins Wasser kommt, aufzuhalten; geschieht alsdann Abstopfen nicht mit Vorsicht, so werden leicht die Schiffe durch das plötzliche Aufhalten Schaden leiden. Eine recht gute Methode des Abstopfens der Schiffe, die in Dänemark sehr gebräuchlich ist, besteht darin, daß man ein starkes Tau mit dem einen Ende an dem Vorder- oder Hintertheil des Schiffes, jenachdem man Letzteres gewendet haben will, mit dem andern aber an einem, auf dem Lande wohl verfählten (durch eingeschlagene Pfähle gehaltenen) Anker befestigt. Mit diesem Ankertau verbindet man dann 5 bis 10 dünnere, gewöhnlich alte Tauenden in Abständen von etwa 5 Fuß auf eine solche Weise, daß dieselben eher zerreißen müssen, bevor das starke Tau ganz straff gezogen werden und das Schiff einen Stoß erhalten kann. Auf diese Weise wird das Schiff sanft abgestopft, allmählig in Ruhe kommen und keinen Schaden erleiden können.

Diese drei oben angegebenen Methoden, die Schiffe vom Stapel ins Wasser zu lassen, sind unter den bis jetzt bekannt gewordenen die besten. In Amerika, so wie in Holland hat man noch einige andere Arten, die hier jedoch übergangen werden können, weil sie mangelhaft, meistens unsicher, und nur in wenigen Fällen mit gleichem Vortheil, wie die obengenannten, anwendbar sind. Von den drei beschriebenen Methoden verdient die Französische, wenn man sie nicht für zu große Schiffe anwenden will, den Vorzug, weil sie bei gleicher Sicherheit einfacher ist, als die beiden zuletzt beschriebenen Methoden. Dagegen ist die dänische Art besonders für große Schiffe sehr anwendbar, wo sie mehr Sicherheit gewährt, als alle übrigen; indessen hat sie den Nachtheil, daß die bei großen Schiffen erforderlichen Kniee sich nicht ohne Schwierigkeit wieder abnehmen lassen, indem hierzu das Schiff in eine Docke (Bassin) gebracht und entweder trocken gestellt, oder auf die Seite gelegt (kielgeholt) werden muß. Die englische Methode ist ebenfalls sehr brauchbar, allein zusammengesetzter als die französiche und nicht so sicher als die dänische Methode.

Bei einigen Nationen ist es Sitte, die Schiffe mit dem Hintertheile, bei andern, sie mit dem Vordertheile nach dem Wasser gekehrt zu erbauen und eben so ablaufen lassen. Da indessen die eine Art vor der andern nur in sehr wenigen Fällen einige geringe Vortheile hat, so ist es meistens blos Gewohnheit oder Liebhaberei des Baumeisters, diese oder jene Methode zu wählen.


Gustav David Klawitter: Vorlege-Blätter für Schiff-Bauer.
Der Königlich technischen Deputation für Gewerbe, Berlin, 1835. pp 26-27.


Transcribed by Lars Bruzelius


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